Sportrichter-Jahrestagung in Leipzig

Kein Platz für Rassismus und Diskriminierung!

Foto: Michael Flottron (NOFV)

Wie in jedem Jahr, kamen am 09./10. März 2018 auf Einladung des SFV-Vizepräsidenten für Recht & Satzungsfragen, Stephan Oberholz, die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Sportgerichte aller SFV-Mitgliedsverbände zur nunmehr achten Weiter- und Fortbildungsveranstaltung für Sportrichter des SFV in der Sportschule Egidius Braun zusammen. 

Nach den Kommunikationsdefiziten und medialen Irritationen rund um die Vorgänge zu den Spielen der Regionalliga Nordost zwischen dem SV Babelsberg und dem FC Energie Cottbus sowie dem 1. FC Lokomotive Leipzig und der BSG Chemie Leipzig im letzten Jahr, stand zunächst das Thema „Ermittlungs- und Kenntnisnahmepflichten der Sportgerichte in sportgerichtlichen Verfahren, insbesondere bei rassistischen Vorfällen“ im Vordergrund der Tagung. 

Die Teilnehmer positionierten sich deutlich gegen jegliche Form von Rassismus und Extremismus. Derartige Auswüchse haben keinen Platz im Fußballsport und werden konsequent geahndet. In der Tagung wurde herausgestellt, dass die Sportgerichte im Amateurbereich unabhängige, objektive und neutrale Gremien sind, die keine politischen Richtungen vertreten. Sie werden nach den jeweiligen Satzungen und Ordnungen der Verbände nur auf Antrag oder auf Anzeige hin tätig und haben sich dabei immer an Fakten zu halten. Die Sportgerichte sind mit ehrenamtlich tätigen Sportrichtern besetzt und verfügen über keinerlei staatliche Ermittlungskompetenzen. Die Sportrichter stimmten überein, dass die Sportgerichte keine Beobachtungsposten, Polizeistellen oder die Anklageinstanz sein können. Es widerspreche der Aufgabe eines Sportgerichtes, ohne erkennbaren Anlass oder Hinweis, tage- und wochenlang umfangreiche Recherchen in Presse, im Internet und in sozialen Medien durchzuführen. Angesichts der Vielzahl von Spielen im Verantwortungsbereich der jeweiligen Kreis- und Landessportgerichte bestehe nicht die Möglichkeit, alle Fußballspiele im Stadion live zu verfolgen oder sich ohne Anlass 90 und mehrminütige Live-Übertragungen komplett anzuschauen. Die Teilnehmer stellten übereinstimmend heraus, dass Sportgerichte kein Reparaturbetrieb für unzureichende Ermittlungsarbeit der dafür zuständigen Stellen, mangelhafte Kommunikation bzw. unzureichende (auch mediales) Berichterstattung und eine eingeschränkte Informationspolitik der Vereine sein dürfen.  

Die Teilnehmer schlossen sich vorbehaltlos dem Statement des Tagungsleiters Stephan Oberholz an, dass der unbestritten wichtige dauerhafte und nachhaltige Kampf gegen Rassismus und alle Arten von Extremismus im Fußball nur dann erfolgreich sein kann, wenn sich hierzu alle Beteiligten offen positionieren. Es wäre zu einfach, sämtliche Unzulänglichkeiten in Sachverhaltsermittlungen und Berichterstattungen den Verbänden in die Schuhe zu schieben, und am Ende die Sportgerichte als Abladeplatz für defizitäre Kommunikationsstrukturen zu nutzen. Bei der Betrachtung könne deshalb nicht einseitig die Verbandsarbeit, insbesondere die Sensibilität und Expertise der handelnden Akteure, im Prüfung- und Bewertungsfokus liegen. Auch von den Vereinen und den für sie handelnden Personen müsse ein vertrauensvolles Miteinander, Respekt und Fairness erwartet werden. Wenn mithin Vereinsvertreter bei Spielen demokratiefeindliche Vorfälle wahrnehmen, diese den zuständigen Stellen nicht anzeigen, Vereine im Sportstrafverfahren - trotz Kenntnis vom (fehlenden) Tatvorwurf -  nichts dazu angeben, sich nach dem Urteil aber öffentlich und medial darüber beschweren, dass diese Delikte ignoriert worden sind, erscheint dies in jedem Fall bedenklich. Gleiches gilt, wenn versucht wird, das Sportgericht und seine Mitglieder - zum Teil wider besseres Wissen - zur Spielwiese politischer oder populistischer Kampagnen zu machen. Ein solches Vorgehen offenbart nicht nur strukturelle Missstände, sondern gefährdet zugleich die stets zu Recht eingeforderte Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Die Sportrichter kamen überein, die Umsetzung weiterer effektiver Maßnahmen zur Verbesserung und Optimierung der Kommunikationsstrukturen in Sportgerichtsverfahren, insbesondere die Einrichtung eines „Sportstaatsanwaltes“, wie z.B. im Bayrischen Fußball-Verband, zu prüfen. 

Im weiteren Verlauf informierte der Vorsitzende des SFV-Verbandsgerichtes, Steffen Tänzer, über aktuelle Entwicklungen, u.a. im DFB, bei der Sanktionierung von Zuschauerfehlverhalten, insbesondere auch bei diskriminierenden Vorfällen. Dr. Patrick Pintaske, Mitglied der AG Sportrecht des SFV, stellte anschaulich weitere Neuerungen und Optimierungen bei der Arbeit mit dem DFB-Sportgerichtsmodul vor. Die Teilnehmer nahmen die Tipps und Hinweise zur erleichterten und nutzerfreundlichen Bedienung dankbar entgegen.

Zum Abschluss der gelungen Tagung bedankte sich Stephan Oberholz auch im Namen der Referenten für die rege Mitarbeit der Teilnehmer und den konstruktiven Dialog. Die Teilnehmer bescheinigten der Veranstaltung ein hohes Niveau und den Erhalt wichtiger sowie nützlicher Impulse für die tägliche Arbeit.

[Stephan Oberholz]

Von Sportgericht