"Sachsen ist Fußball-Land"

Die magische "100-Tage-Hürde" hat SFV-Präsident Hermann Winkler gekonnt übersprungen. Im Interview spricht der 53-Jährige über die ersten Monate seiner Amtszeit und die erfolgreichste Saison der SFV-Geschichte.

Im April wählte der Verbandstag Hermann Winkler zum neuen SFV-Präsidenten, zahlreiche Vereine hat er seitdem besucht und sich intensiv eingearbeitet.

Als ersten Verein besuchte der neue Präsident den FV Blau-Weiß Stahl Freital.

Die ersten 100 Tage seiner Amtszeit hat SFV-Präsident Hermann Winkler (53) mit Bravour gemeistert. Treffen mit der DFB-Spitze, Europameisterschaft und zahlreiche Vereinsbesuche in ganz Sachsen – in einem echten Terminmarathon hat sich das neue SFV-Oberhaupt einen Überblick verschafft und sich intensiv eingearbeitet. Im SACHSEN FUSSBALL-Interview zieht der Europaabgeordnete nun eine erste Bilanz und spricht über seine ambitionierten Ziele. 

Die sächsischen Vereine waren in dieser Saison so erfolgreich, wie nie. Ein guter Moment das Präsidentenamt zu übernehmen?

Der richtige Zeitpunkt. Ich habe das Ruder auf einem absoluten Höhepunkt übernommen, dafür bin ich sehr dankbar - besonders den Vereinen und natürlich Klaus Reichenbach gegenüber. Er hat in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit geleistet und mir einen weitestgehend geordneten Verband hinterlassen, was die sportlichen Erfolge der zurückliegenden Saison noch einmal bestätigen. In den ersten Wochen als Präsident habe ich hauptsächlich Glückwunschschreiben verfasst und Pokale übergeben, einen besseren Start hätte ich mir nicht wünschen können. Bei all der Euphorie habe ich aber gerade in Gesprächen mit kleineren Vereinen deutlich gespürt, dass es noch viele Probleme zu lösen gibt.

Erleben wir gerade den langersehnten Aufschwung im sächsischen Fußball?

Sachsen ist Fußball-Land - mit all seiner Tradition und dem Engagement vieler tausender Menschen. Wir alle haben lange auf diesen sportlichen Aufstieg gewartet, die anfänglichen Fehler der Wendezeit und der Einfluss auch teilweise dubioser Personen aus Ost und West wurden inzwischen überwunden. Wir haben gesunde Vereinsstrukturen, die auch solide Finanzgrundlagen beinhalten, darauf lässt sich aufbauen. Allerdings wird es schwer genug werden, dieses Niveau in den nächsten Jahren zu halten. Deshalb gilt es jetzt nicht nur zu feiern, sondern auch an die Zukunft zu denken und das Erreichte zu festigen.

Die ersten 100 Tage im Amt haben Sie souverän gemeistert. Wie fällt ihr persönliches Fazit aus?

Im gesamten Freistaat gibt es viele viele engagierte Menschen, aber auch große Unterschiede z. B. zwischen Stadt und Land. Wir müssen uns untereinander auf allen Ebenen noch mehr unterstützen und noch besser kommunizieren. Um die eingangs erwähnten Erfolge zu sichern, brauchen wir auch in Zukunft junge Ehrenamtliche, Übungsleiter und Schiedsrichter. Hier ist unser Verband gefordert.

Ein Ehrenamt ist eine zeitintensive Aufgabe. Das ist für einen Abteilungsleiter im Dorfverein nicht anders als für den Verbandspräsident. Wie schaffen Sie das?

Durch eine gute Organisation und die Verteilung der Arbeit auf viele Schultern. Im Verband und auch im Verein arbeiten wenige hauptamtliche Mitarbeiter und viele Ehrenamtliche Hand in Hand zusammen. Dieser Schulterschluss ist unsere Stärke. Ehrenamtliches Engagement ist unersetzlich und darf nicht durch bürokratische Hürden ausgebremst werden. Genau an dieser Stelle sehe ich durchaus Möglichkeiten, mein Haupt- mit meinem Ehrenamt zu verbinden. Mit meiner politischen Arbeit möchte ich dafür sorgen, dass der Sportverein und alle, die etwas für unsere Gesellschaft leisten, durch unsere Regelungen nicht belastet, sondern entlastet werden.

Brüssel, Leipzig, Straßburg – bleibt bei all den Terminen noch Zeit zum Fußball schauen?

Während der EM gelang mir das ganz gut, weil teilweise sogar am Rande von EU-Sitzungen die Spiele zu sehen waren. Zwei Plätze neben mir sitzt Theodoros Zagorakis, der Kapitän des Europameisters Griechenland 2004 unter Otto Rehhagel. Da wurde natürlich trotz Brexit über Fußball diskutiert. Ansonsten ist das schwieriger, aber ich nehme mir die Zeit. Besondere Priorität hat dabei der Kontakt zu denjenigen, die auf und neben dem Platz stehen und den Spielbetrieb organisieren. Das haben mir meine Erfahrungen bei den Vereinsdialogen gezeigt.

Von Interview