„100 Prozent Fußball geht nicht mehr“

Ralf Witthuhn hat sein halbes Leben auf der Trainerbank verbracht. Größtenteils trainierte er B-Junioren und versuchte auch neben dem Platz den Jungs den richtigen Weg zu weisen. Ein gesundheitlicher Rückschlag zwingt ihn jetzt in die dritte Reihe. Wir haben mit ihm über seine Zeit als Trainer gesprochen.

Foto: Privat

Seit 32 Jahren ist Ralf Witthuhn Trainer in der Lausitz. Angefangen hat es für den 55-jährigen 1986 bei den B-Junioren der Wohngemeinschaft Melodie. Über die SG Aufbau Hoyerswerda, HSV Einheit, Hoyerswerda 1919, SG Rot-Weiß Burgneudorf, SV Zeißig und LSV Bluno landete der fußballverrückte Übungsleiter bei den B-Junioren des Hoyerswerdaer FC. Doch sein Engagement beschränkte sich nicht nur auf das Traineramt. Von 2004 bis 2010 war Witthuhn Vorsitzender des Jugendausschusses des Fußballkreisverbandes Hoyerswerda und hat ganz nebenbei noch die Lizenz zum Vereinsmanager abgelegt. Ein gesundheitlicher Rückschlag zwingt ihn nach 32 Jahren nun zum Aufhören.

Herr Witthuhn, als Trainer waren Sie vor allem im B-Juniorenbereich aktiv. Warum gerade der Nachwuchs und an welchen Höhepunkt erinnern Sie sich gern zurück?

Das stimmt. Mit wenigen Ausnahmen im Männerbereich habe ich meist Juniorenmannschaften betreut. Mit den B-Junioren bin ich immer am besten zurechtgekommen, obwohl diese Altersklasse naturgemäß nicht immer leicht zu händeln ist. Schwierigkeiten in der Schule oder Differenzen mit den Eltern kommen in diesem Alter oft zusammen. Aber gerade das hat für mich den Reiz ausgemacht. Und mit den richtigen Methoden kann man aus den Jungs ziemlich viel herauskitzeln. Mein persönlicher Höhepunkt war die Saison 2006/2007 beim HSV Einheit. Da haben wir mit den B-Junioren eine großartige Leistung hingelegt. Die gesamte Mannschaft war unheimlich ehrgeizig und zeigte tollen Fußball und auch neben dem Platz hat alles funktioniert. Nur die Krönung mit dem Aufstieg haben wir verpasst.

Währende Ihrer Laufbahn haben Sie sicher viele Begleiter gehabt. Fallen Ihnen Weggefährten ein, die Sie besonders geprägt haben?

Da gibt es viele, mit denen ich sehr gut zusammengearbeitet habe. In der Zeit bei Einheit hat mich der Sportfreund Gutewort begleitet und zu einem guten Freund geworden, der mich über Jahre unterstützt hat. Auch mit Rudi Schurmann Schiedsrichter habe ich bei Burgneudorf lange zusammengearbeitet. Nicht vergessen möchte ich Manfred Polten. Das Urgestein hat die die 1. Männermannschaft von Aufbau Hoyerswerda trainiert. Von ihm habe ich mir die Grundlagen des Trainerhandwerks abgeschaut. Er hat mich im Grunde an das Amt als Trainer herangeführt und ich würde ihn schon als Lehrmeister bezeichnen.

Haben Sie während Ihrer Zeit auch mal einen Spieler trainiert, der den Sprung in den Leistungsfußball geschafft hat?

Da fällt mir Marvin Stefaniak ein. Ihn habe ich zwar nicht trainiert, da er bei uns in den C-Junioren gespielt hat, aber immerhin durfte ich ihn hin und wieder in meiner B-Junioren Mannschaft einsetzen. Auch Eric Zimmemann hat es aus der Mannschaft der Saison 2006/2007 bis in die Oberliga (Borea Dresden) geschafft. Mittlerweile schießt er seine Tore für Stahl Freital. Er war ein richtiger Torjäger und hat alles versenkt, was er auf den Stiefel bekam. An seiner Torschützenkanone 06/07 hatte aber selbstverständlich auch der Rest der Mannschaft einen großen Anteil.

Das Trainerkapitel geht für Sie jetzt leider zu Ende. Wie geht es weiter für Sie und haben Sie bereits einen Nachfolger? Was hat Ihnen am Traineramt besonders Freude bereitet?

Am kommenden Wochenende werde ich 55 Jahre und das unser Heimspiel ist für mich die beste Gelegenheit, meine Trainerzeit zu beenden. Meine gesundheitliche Situation zwingt mich traurigerweise zu diesem Schritt. 100 Prozent Fußball sind einfach nicht mehr drin. Am Montag wird mein Kollege Torsten Bierholdt die Mannschaft übernehmen und die Saison beenden. Der junge Mann war selbst jahrelang Spieler und er wird seine Sache sicher gut machen. Ich glaube an die jungen Leute in unserem Verein. Als Trainer hat mir die Arbeit mit den Jugendlichen am meisten Freude bereitet. Eine Gruppe zu steuern, zu lenken, sie nach Niederlagen aufzubauen und nach Erfolgen mit ihnen zu feiern. Das hat mich motiviert. Aber als Trainer gibt es auch viele Aufgaben außerhalb der eigentlichen Übungsleitertätigkeit. Als Mensch ist man auch sehr stark pädagogisch gefordert. In den Qualifizierungslehrgängen für meine B-Lizenz stehen diese Bereiche oft im Fokus. Das führt letztlich auch dazu, dass man die Entwicklung der Jungs verfolgt, wenn sie schon lange nicht mehr zur Mannschaft gehören. Und wenn die Jungs was Anständiges gelernt haben oder studieren und dann im Arbeitsleben landen, dann macht mich das stolz. Denn einen kleinen Weg ist man zusammen gegangen.

Noch eine letzte Frage: Wie haben Sie Familienleben und Fußball so lange unter einen Hut bekommen?

Ohne Familie geht es nicht. Die stand immer hinter mir, hat mir den Rücken freigehalten und zugehört, wenn ich nach erfolglosen Spielen Redebedarf hatte. Selbstverständlich gehören auch mal Differenzen dazu, das wird vermutlich jeder Trainer oder Spieler bestätigen, aber am Ende konnte ich mich immer auf meine fußballverrückte Familie verlassen. Auch in meinem Beruf im Rettungsdienst bin ich immer auf Verständnis gestoßen. Dienste zu tauschen war meistens gar kein Problem. Um den Fußballplatz werde ich aber auch zukünftig keinen Bogen machen. Ich ziehe mich eben nur in die zweite Reihe zurück und drücke meiner Mannschaft im Abstiegskampf der Landesklasse Ost ganz fest die Daumen.

Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen schnelle Genesung!

[arab]

Von Interview